Uhlandschule Pfullingen

Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum
Förderschwerpunkt Lernen

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Die Klasse 9 besuchte am 13. März 2023 das Theater „Die Tonne“ in Reutlingen. Im Rahmen des Geschichtsunterrichts behandeln wir gerade die Zeit des Nationalsozialismus und im Speziellen die Euthanasie-Morde in unserer Nähe: in Grafeneck.

 

 

 

 

 

 

 

Lesen Sie hier, wie ein Schüler der Klasse das Theaterstück erlebt hat:

 

Wir sind um 11 Uhr in der Tonne angekommen. Das Stück hieß „Hierbleiben…“. Es hat mit einer Vorstellungsrunde begonnen. Die Schauspieler mit Behinderung haben uns erzählt, dass, wenn sie 30 Jahre früher geboren wären, sie heute nicht mehr hier wären. Das hat mich sehr berührt.

Sie erzählten uns, wie es war. Es begann mit der Abholung mit grauen Bussen. Eine Frau hat den Bus verpasst und fragte, wann der nächste kommt. Der Mann antwortete: „Der nächste kommt bestimmt!“. Ich brauchte eine Weile, um es zu verstehen, warum sie da unbedingt mit wollte, bis sie erzählte, dass die Betreuer erzählt haben, dass es ein wunderbarer Ort ist, an den sie gebracht werden.

Bevor die Behinderten dort waren, wurden sie gefragt: „Name, Krankheit, Rasse!“. Als eine antwortete: „Lernbehinderung“, bemerkte ich, dass ich auch verfolgt worden wäre, wenn ich 1933 geboren worden wäre. Es lief es mir kalt den Rücken runter. Ab dem Zeitpunkt musste ich während des Stücks die ganze Zeit daran denken.

Als sie angekommen sind, wurden sie aufgefordert duschen zu gehen. Sie dachten sich nix dabei. Dann haben alle ein iPad um den Hals bekommen, wo ein Video mit Flammen zu sehen war. Es hat paar Sekunden gedauert bis ich verstanden habe, dass es bedeutet, dass sie verbrannt wurden.

Dann sah man, wie die Ärzte die Trostbriefe schreiben. Es war fast immer das gleiche. Dann hörte man wie die Angehörigen geredet haben. Einer zum Beispiel sagte: „Mein Bruder hat gestern noch auf dem Feld gearbeitet. Er kann gar nicht an einem Herzinfarkt gestorben sein.“ Eine andere sagte: „Meine Tochter kann gar nicht an einer Blinddarmentzündung gestorben sein! Sie hatte gar keinen mehr.“

Danach sah man den Arzt, der die Tötung der Behinderten leitete. Er wurde befragt:

Erste Frage: „Haben Sie Kinder?“.

,,Ja“.

Zweite Frage: „Würden Sie das auch tun, wenn Ihre Kinder auch behindert wären?“

Er gab keine Antwort.

Dritte Frage: „Würden Sie es auch mit gesunden Menschen tun?“

  „Definieren sie gesund“! 

Vierte Frage: „Haben Sie es freiwillig getan?“

„Ich hatte einen Tag zum Nachdenken, und dann habe ich ja gesagt, also ja, ich habe es freiwillig getan.“

Fünfte Frage: „Haben Sie ein schlechtes Gewissen?“

 ,,NEIN!“

Sechste Frage: „Sie mussten als Arzt den hippokratischen Eid ablegen, dass sie versuchen alle Menschen solange wie möglich am Leben zu erhalten. Wie können Sie das mit ihrem Gewissen vereinbaren?“

 „Ganz leicht! Ich habe sie nicht getötet. Ich habe sie erlöst“.

Dann war das Stück zu Ende.

Ich brauchte kurz, um klarzukommen. Ich fand es sehr interessant und gleichzeitig traurig, wie Menschen sowas machen können und vor allem durften. Das Stück wurde nur von Behinderten gespielt. Es waren schöne Lieder dabei und die Behinderten haben gut gespielt.

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